Chinesische Hilfe in der Leberzeit

GRAZ – Dem „Tao der Lebensbalance“ und dem damit verbundenen Funktionskreis „Leber“ war der 5. Internationale TCM-Kongress Ende September an der Med Uni Graz gewidmet. Die Traditionelle Chinesische Medizin erfreut sich in den vergangenen Jahren in Österreich hoher Akzeptanz. Kein Wunder – kann sie doch mit Akupunktur, Arzneimittelkunde, Tuina, Bewegungslehre und Ernährung viel zum Wohlbefinden bzw. zur Gesundung von gestressten Bürgern der angeblichen Wohlstandsgesellschaft betragen. Qualifizierte Ausbildungsmöglichkeiten gibt es für Interessierte ausreichend.

 

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Tao bedeutet in etwa soviel wie „am rechten Weg sein“. „Das Tao der Lebensbalance“ heißt also Wege zu finden, im Stress des heutigen Lebens vital und körperlich, geistig und seelisch gesund zu bleiben. „Dem Funktionskreis Leber kommt in der TCM eine wichtige Rolle bei Überlastungs- und Stresserkrankungen zu“, erklärt dazu Dr. Leopold Dorfer, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für kontrollierte Akupunktur (OGKA).

Dazu gehören etwa Verspannungen, Depressionen, Burnout, Schlafprobleme, Kopfschmerzen oder psychosomatischen Erkrankungen. Also lauter Symptome und Erkrankungen mit denen sich viele gehetzte Zeitgenossen herumschlagen. „Wir leben in einer Leberzeit, und das wird sich auch in den nächsten Jahren nicht ändern, wird doch das Leben immer schneller“, meint Dr. Dorfer und empfiehlt die TCM auch als Vorsorgemedizin.

Dabei sei die TCM auch eine vergleichsweise billige Medizin mit Behandlungskosten von durchschnittlich 200 bis 250 Euro im Quartal. Wobei das natürlich relativ ist. Müssen die Akupunktursitzungen, Ernährungsberatungen oder Tuina-Massagen ja fast ausschließlich aus privater Tasche bezahlt werden (gerade zur Akupunktur gibt es bei manchen Indikationen geringe Rückerstattungen von den Kassen).

Natürlich wünscht man sich hier seitens des Dachverbands TCM eine Änderung, wobei – ganz ohne Selbstbehalte würde Dr. Dorfer auch nicht arbeiten wollen. Denn „sobald etwas was kostet, ist es auch was wert“, und er freue sich durchwegs über höchst motivierte Patienten, die aktiv etwas für ihre Gesundheit tun wollen. Und diese kämen keineswegs nur aus den finanzkräftigen Schichten.

Individuelles Behandlungskonzept
Ganzheitliche Sicht und Behandlung des Individuums ist eine Stärke der TCM. Für jeden Patienten wird aus dem Methodenspektrum aus Akupunktur, Ernährung, Bewegung (Qi Gong, Taijiquan), Kräutertherapie und Tuina-Massage ein Behandlungspaket geschnürt. Das dafür notwendige Wissen wird in Österreich von mehreren Ausbildungsorganisationen vermittelt, die sich unter dem Dachverband TCM zusammengeschlossen haben, um hier Konsens zu erzielen.

Bei der Österreichischen Ärztekammer können Ärzte mittlerweile Fortbildungsdiplome in Akupunktur und in chinesischer Arzneimitteltherapie erwerben. Generell ist die Vernetzung der TCM mit der Schulmedizin in Österreich hoch – was sich auch am Veranstaltungsort des Kongresses an der Med Uni Graz zeigt. Jeder nach TCM behandelnde Arzt in Österreich muss auch eine schulmedizinische Ausbildung haben (Allgemeinmediziner oder Facharzt).

Intensive Ausbildung
Für die Ernährungslehre gibt es ein Ausbildungscurriculum mit 350 Unterrichtseinheiten zum „Chinesischen Ernährungsberater“, das eine eingeschränkte Gewerbeberechtigung mit sich bringt. Auch für Shiatsu und Tuina – die mit der TCM verbundenen manuellen Therapien – gibt es standardisierte, mehrjährige Ausbildungen.

Ebenso für Qi-Gong- oder Taijiquan-Lehrer. Dr. Eduard Tripp, Psychotherapeut und klinischer Psychologe, leitet die Schule Shiatsu- Ausbildung Austria und ist Vorstandsmitglied des Dachverbandes für Shiatsu. Er hat gerade bei Menschen unter enormem psychischen Stress oder Burnout-Patienten, wo psychologische Maßnahmen noch nicht greifen, gute Erfahrungen mit Shiatsu gemacht. „In der Shiatsu-Sitzung haben diese Menschen die Möglichkeit, sich selbst zu erlauben, eine Stunde lang nichts zu tun.“

Qualität der Arzneien
Oft wird in Zusammenhang mit der chinesischen Arzneimittellehre nach der Qualität der Präparate gefragt. Auch die Sorge, damit gefährdete oder „ekelige“ Tiere zu sich zu nehmen, spielt in der Praxis eine Rolle. Hier können sowohl Dr. Andrea Dungl-Zauner als auch Dr. Sonja Laciny, beide erfahrene TCM-Ärztinnen, beruhigen: In Österreich werden zu 98 Prozent pflanzliche oder mineralische Präparate verordnet. Und wenn die Arzneien nach Rezept in einer Apotheke hergestellt werden, kann man auch sicher sein, dass alle Qualitätsrichtlinien eingehalten werden.

Gewarnt wird hingegen vor dem Kauf von Kräutern oder Mixturen im Chinashop, am Markt oder im Internet. Hier garantiert niemand für die Qualität des vielleicht günstigeren, aber potenziell toxischen Produkts. SJ

Pressekonferenz anlässlich des 5. Internationalen TCM-Kongresses in Graz, September 2008

Quelle: Medical Tribune Nr. 40, 1.10.2008

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