Chinesische Ernährungslehre

Die Diätetik war in der Geschichte stets untrennbar mit der TCM verbunden und gilt heute wie früher als ein wichtiger Bestandteil der Erhaltung und Wiederherstellung von Gesundheit. Ein zentraler Satz zur Ernährungslehre lautet: „Nahrungsmittel und Heildrogen stammen aus der selben Quelle“.

Tatsächlich sind die Übergänge von Nahrungsmittel zu Drogen fließend. Häufig werden in China auch Kochrezepte durch Heildrogen ergänzt. Das Wissen um die Ernährung gehört in China – anders als bei uns – zum Allgemeinwissen. Neben der eigentlichen Nähr – Funktion zur Versorgung mit Energie und lebensnotwendigen Stoffen, hat die Ernährung in der TCM noch weitere wichtige Funktionen. Schon früh wurde in China erkannt, dass die richtige Ernährung die Entstehung von Krankheit verhindert. So wurde die Prävention zum Hauptaspekt. Dazu gehören auch die Lebensverlängerung und kosmetische Effekte. Wir würden das heute wohl „Anti – Aging“ nennen. Wenn ein Mensch erkrankt, dann ist die Behandlung dieser Erkrankung oder Disharmonie mit einer entsprechenden Ernährung immer Bestandteil der Therapie.
Das Trinken hat neben der ausreichenden Versorgung mit Flüssigkeit auch noch den Effekt der Entgiftung durch die Ausscheidung von schädlichen Substanzen über den Urin. Deswegen sind die Trinkmengenempfehlungen in China entsprechend höher.
Wie die Heilkräuter werden Nahrungsmittel nach drei grundsätzlichen Eigenschaften – thermisches Verhalten, Geschmack und Wirkort – charakterisiert.
In der chinesischen Medizintheorie ist der Funktionskreis Erde mit den Organen Milz und Magen für die Umwandlungsprozesse im Körper verantwortlich. Die Nahrung gelangt in den Magen, wo sie „fermentiert und reift“. Die Milz „destilliert“ daraus das Nahrungs – Qi, das sich mit dem Atmungs – Qi der Lunge verbindet und so die wichtigste Energiequelle des Körpers darstellt. Eine alte Literaturquelle sagt: “Wenn man einen halben Tag lang keine Nahrung zu sich nimmt, wird das Qi geschwächt. Wenn man einen ganzen Tag lang keine Nahrung zu sich nimmt, leert sich das Qi.“ Es verwundert nicht, dass das Fasten keine besondere Rolle in der chinesischen Ernährungslehre spielt.
Die Tageszeit ist im Bezug auf die Nahrungseinnahme sehr bedeutsam. Da nach der so genannten Organuhr Milz und Magen ihre aktivste Zeit in den Morgenstunden haben, sollten die Hauptmalzeiten in die erste Tageshälfte gelegt werden. Das Abendessen sollte eher mäßig ausfallen. Gekühlte Getränke und Rohkost sollten aufgrund ihrer kalten und damit belastenden Eigenschaft für die Milz nur in geringem Maße genossen werden.
Ernährungsfehler sind häufig für die Entstehung von Krankheiten verantwortlich. Milz und Magen werden meist als erste beeinträchtigt. Unregelmäßiges Essen schwächt Magen und Milz, übermäßiges Essen führt darüber hinaus zur Stagnation von Nahrung im Magen und zur Bildung von Schleim. Zu schnelles Essen führt ebenfalls zur Stagnation von Nahrung im Magen. Eisgekühlte Getränke oder zu viel Rohkost schwächen das Qi von Milz und Magen. Häufiges oder zu langes Fasten schwächen das Qi und kann zu Blut- und Essenz Mangel führen.
Wenn ein Milz – Qi – Mangel durch Ernährungsfehler entstanden ist, dann äußert sich das durch Erschöpfung, Müdigkeit, Muskelschwäche, Appetitmangel, Blähungen und breiige Stühle.
Nahrungsmittel werden nach ihrem thermischen Verhalten in heiß, warm, neutral, kühl und kalt eingeteilt.
Wie in der chinesischen Medizin insgesamt geht es bei der Ernährung um die Erhaltung oder Wiederherstellung eines gesunden Gleichgewichts. Grundnahrungsmittel wie Getreide, Kartoffeln und Milchprodukte liegen meist
im neutralen Geschmacksbereich und sorgen so für Ausgewogenheit. Sind Nahrungsmittel in den Kategorien kalt oder heiß angesiedelt, so bedeutet dies durchaus, dass diese Nahrungsmittel kühlen oder wärmen. Man kann einen sehr schönen Bezug zur Jahreszeit herstellen: Bei heißem Sommerwetter hat man eher Lust auf kalte oder kühle Nahrungsmittel wie Gurken, Grüner Salat, Wassermelonen oder Rhabarber. Nahrungsmittel mit sehr warmer Eigenschaft, wie Lamm, Wild, Rind, Lauch, Ingwer oder Spirituosen passen eher in den Winter.
Bei Disharmonien mit Kälte oder Hitze kann man durch die Ernährung einen Ausgleich schaffen. Das Beispiel einer Erkältungskrankheit kann dies sehr schön verdeutlichen. Bei einer klassischen Erkältung mit Frösteln, Nasenlaufen, Kratzen im Hals, Husten mit weißlichem Auswurf liegt eine Wind – Kälte Invasion vor. In diesem Falle sollte der Patient warme Nahrungsmittel zu sich nehmen. Geeignet wäre ein Ingwer Tee, Zwiebel, Frühlingszwiebel, Lamm, Zimt, Knoblauch und Chilis. Klagt der Patient über Fieber, Halsentzündung mit starkem Wundheitsgefühl, Husten mit gelblichem Auswurf und hat gelben Zungenbelag, dann handelt es sich um Wind – Hitze. Die Ernährungsempfehlung aus dem ersten Beispiel wäre dann falsch und würde die Symptome verschlimmern. Hier ist ein Pfefferminz Tee mit seiner kühlenden Wirkung angebracht. Karotte, Chinakohl, Rettich und Wassermelone sind ebenfalls kühlend. Möchte der Patient Fleisch essen, dann eher Schweinefleisch, keinesfalls Lamm oder Rind. Die Speisen sollten mild gewürzt sein.
Die Geschmacksrichtungen süß, scharf, salzig, sauer und bitter stellen den Bezug zu dem jeweiligen Element her. Nahrungsmittel der Geschmacksrichtung süß, in Maßen genossen und vor allem in Kombination mit warm wie z.B. die Walnuss stärken Milz und Magen. Süß im Übermaß, vor allem wenn es sich um kalte Produkte wie z.B. Bananen handelt, kann Süßes das Milz – Qi schwächen. Der salzige Geschmack gehört zum Element Wasser und damit zu den Organen Niere und Blase. Auch hier, wie bei allen Elementen ist der salzige Geschmack in Maßen genossen zuträglich, im Übermaß schädlich für die entsprechenden Organe. Der scharfe Geschmack steht im Bezug zu Lunge und Dickdarm, der saure zu den Organen Leber und Gallenblase, der bittere zu Herz und Dünndarm.
Die Zubereitung von Nahrungsmitteln hat einen Einfluss auf ihr thermisches Verhalten. Alle erhitzenden Verfahren wie Garen, Kochen, Grillen etc. machen die Speisen „wärmer“ (nicht in C° gemeint), gekühlt oder roh verzehrt werden sie tendenziell kühler. Wer z.B. eine Schwäche der Milz hat, schädigt sie durch kalte Getränke noch mehr.

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